"Deutsche Polizisten - Gärtner und Floristen"
# 2.500 TeilnehmerInnen machten die 1.- Mai-Demonstration der Kreuzberger
Patriotischen Demokraten zu einer wohltuend selbstironischen Inszenierung
Die Zeit geht vorbei und die Slogans verändern sich.
Auch der Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse hat sich gewandelt.
Statt wie in jedem Jahr zur autonomen 1.-Mai-Demo mehr oder weniger ironisch
die Weltrevolution zu propagieren, hatten die verdienten GenossInnen der Kreuzberger
KPD/RZ ("Kreuzberger Patriotische Demokraten/Realistisches Zentrum")
diesmal zur Kundgebung "Gegen nächtliche Ruhestörung und sinnlose
Gewalt" aufgerufen.
Um selbstbewußt den Vorwurf der Engstirnigkeit zu entkräften,
hatten sie differierende Ansichten und Minderheitenblöcke zugelassen, die
unter den Parolen:"Gegen nächtliche Ruhestörung - für sinnlose
Gewalt", "Für nächtliche Ruhestörung- für sinnlose Gewalt".
resp. "Für nächtliche Ruhestörung - gegen sinnlose Gewalt" vom
Marheinekeplatz zum Kottbusser Tor zogen. Den Stalinisten von der RIM und den
traurigen Langweilern vom DGB hatte man diesmal den Tag überlassen und
zog erst gegen 21 Uhr mit etwa 2.500 Gutgelaunten durch enge Straßenzüge.
Die Stimmung war so großartig wie seit Jahren nicht mehr; denn die
autonome Demo verzichtete diesmal auf alle plakativen Formen einer Pseudoradikalität,
auf Auseinandersetzungen mit der RIM, auf die bis zum Erbrechen bekannten Parolen
- "Polizei SA-SS". "Haut ab" (mit hysterischem Tremolo) etc. - oder die ausgeleierten
Evergreens von "Ton Stein Scherben". Souverän weigerte man sich, Polizei
oder RIM als Gegner anzuerkennen und sich über diesen Gegner zu definieren.
Subversiv nahm man sie statt dessen nicht ernst - statt "Mörder und Faschisten"
hieß es, selbst noch als die Bullen überfallartig am Ende marodierend
am Kottbusser Tor die Demonstranten überfielen: "Deutsche Polizisten
- Gärtner und Floristen" oder "Gärtner und Puristen". Selbst
noch beim Wegrennen skandierten viele:"Ihr seid blöde".
Revolutionäre Puristen, die vermeintliche Massenwirksamkeit nach
dem Ausmaß zerbrochener Scheiben und dem Grad der Auseinandersetzungen
mit den Bullen berechnen, werden an der Demo die wohltuend auf alle Inhalte
revolutionären Anachronismus verzichtete und statt dessen die subversibve
Form wählte, vermutlich wenig Freude gehabt haben.